Anton Schantl (1867–1936)

Persönliche Daten
Geburtsdatum
1. Jänner 1867
Sterbedatum
10. Jänner 1936
Sterbeort
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch, seit 18. März 1903 konfessionslos, seit 28. März 1934 wieder römisch-katholisch
Berufe

Mutter: Juliana Schantl, Tochter einer Keuschlerin und eines Keuschlers: Keuschlerin
Vater: unbekannt
erste Ehe: standesamtlich in Graz (Steiermark) am 29. Mai 1897 mit Anna Kuscher (Verholle bei Feistritz; Steiermark [Vrhole pri Laporju, zu Slovenska Bistrica, Slowenien] 11. Juli 1855 – Graz; Steiermark, 6. April 1913): Hausfrau
zweite Ehe: standesamtlich in Graz (Steiermark) im April 1914 mit Anna Hausegger: Näherin

Biographie

Anton Schantl absolvierte ein Bäckerlehre und kam als Bäckergehilfe nach Graz (Steiermark), wo er sich den Unabhängigen Socialisten anschloss. Hier war er auch und Obmann-Stellvertreter der Bäcker-Gewerkschaft und Mitbegründer der am 27. November 1892 als Firma gegründeten »Ersten steiermärkischen Arbeiter-Bäckerei, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung« in Eggenberg [zu Graz] (Steiermark), langjährige Hochburg der anarchistischen Bewegungen in Graz und Umgebung.

Am 6. Dezember 1894 wurde in Marburg an der Drau (Steiermark [Maribor, Slowenien]) der Bäckergehilfe Alois Toplican auf Grund einer Denunziation unter dem Verdacht der Majestätsbeleidigung verhaftet. Als man bei ihm einen Aufgabeschein für die in Österreich verbotene Schrift »An die jungen Leute« (Berlin 1893) von Pjotr Alexejewitsch KropotkinПётр Алексеевич Кропоткин› (1842–1921)1 fand, wurde Toplican ins Kreisgerichts Cilli nach Cilli (Steiermark [Celje, Slowenien]) eingeliefert. Die Schriften hätten an Anton Schantl gehen sollen, der dann in die Schweiz und weiter nach Budapest (Ungarn) flüchtete, wo er wegen Hochverrats verhaftet wurde. Nach sechs Wochen wurde Schantl auf Requisition des Kreisgerichts Cilli dorthin überstellt. In diesem Zusammenhang wurden der Bäckergehilfe Josef Schmied (1870–?) steckbrieflich gesucht und bei einem deklarierten Sozialdemokraten, dem Bäckergehilfen Franz Steiner von der »Ersten steiermärkischen Arbeiter-Bäckerei« in Eggenberg, eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Auch bei den in dieser Bäckerei beschäftigten Bäckergehilfen Vinzenz Muchitsch (1873–1942), Anton Notzar (1848–1917) und Anton Strametz, alle drei Unabhängige Socialisten, wurden am 16. August 1895 Hausdurchsuchungen, jedoch keine Verhaftungen vorgenommen. Nach zehnmonatiger Untersuchungshaft wurden Toplican und Schantl im Prozess, der am 25. und 26. September 1895 vor dem Kreis- als Schwurgericht Cilli unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt wurde, der Verbrechen des Hochverrats und der Religionsstörung, Schantl zusätzlich des Vergehens gegen das Pressegesetz durch Verbreitung verbotener Schriften und Toplican des Verbrechens der Majestätsbeleidigung angeklagt. Sie wurden zwar von der Anklage des Hochverrats freigesprochen, aber Anton Schantl wurde wegen Religionsstörung und Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung zu achtzehn Monaten schwerem Kerker, Alois Toplican wegen Religionsstörung und Aufreizung zu zehn Monaten einfachem Kerker und anschließendem Landesverweis nach Kroatien verurteilt.

Im Zusammenhang mit diesem Prozess gegen die Bäckergehilfen Anton Schantl und Alois Toplican wurde der Bäckergehilfe Vinzenz Muchitsch (1873–1942) am 10. Dezember 1895 vom Kreisgericht Cilli wegen Verleitung zu falscher Zeugenaussage zu vier Monaten schwerem Kerker verurteilt. Muchitsch,damals noch Anhänger der Unabhängigen Socialisten, trat kurz danach der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« bei und wurde später der erste sozialdemokratische Bürgermeister von Graz.

Auch Anton Schantl trat nach seiner Haftentlassung der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« bei. Bereits 1898 war er Vorsitzender des Aufsichtsrats der »Ersten steiermärkischen Arbeiter-Bäckerei« in Eggenberg. 1904 übernahm er die Leitung der am 1. September 1898 eröffneten Filiale der Arbeiter-Bäckerei in Voitsberg (Steiermark). Hier war er auch Obmann des sozialdemokratischen »Allgemeinen Spar- und Consum-Vereins, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung« sowie Vorstandsmitglied der »Genossenschaft der Müller und Bäcker« und der »Freien Schule«. Seit 1910 wieder in Graz, wurde er 1912 Vorstand und Leiter der Zentrale der »Ersten steiermärkischen Arbeiter-Bäckerei«.

  • Straß in Steiermark, Steiermark, Straß 51 (Geburtsadresse)

  • Graz, Steiermark, Eckertstraße 98 (letzte Wohnadresse)

  • Graz, Steiermark, Landeskrankenhaus, Auenbruggerplatz 1 (Sterbeadresse)

Karte
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    Vgl. [Pjotr Alexejewitsch Kropotkin ‹Пётр Алексеевич Кропоткин› (1842–1921)]: An die jungen Leute. Berlin: Herausgegeben von Albert Brock, gedruckt von W. Werner [1893] (= Anarchistische Bibliothek. 2.), 15 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Kreis- als Pressgericht St. Pölten (Niederösterreich) vom 1. Dezember 1893 in Österreich verboten.