Anton Protiwinsky (1860–1897)
Persönliche Daten
Biographie
Der Milchmaier Anton Protiwinsky, Sohn eines Wäschers, wurde Opfer der so genannten Protiwinsky-Affäre. In der Nacht vom 25. auf den 26. Juni 1885 wurde in Baumgarten (Niederösterreich [zu Wien 14.]), Hauptstraße 4, im Dachbodenraum ein Feuer gelegt. Der Inhaber dieses Hauses, Anton Protiwinsky, hatte einen Sozialrevolutionär, den Drechslergehilfen Josef Stieber (~1860–?), angezeigt, weil er auf die Hausmauer »Hoch die Republik!« – nach anderen Quellen »Es lebe die rote Republik!« – geschrieben habe. Josef Stieber war daraufhin am 10. September 1883 verhaftet und nach neuntägiger Untersuchungshaft im Landesgericht Wien freigelassen worden. Nunmehr wurde von den Behörden angenommen, dass das Feuer aus Rache für die damalige Anzeige gelegt worden sei. Eine Ausbreitung des Brandes wurde durch das Eingreifen des Nachtwächters und der von ihm alarmierten Hausbewohner verhindert.
Als angebliche Brandleger dieser so genannten Protiwinsky-Affäre wurden erst im Herbst 1887 vier Sozialrevolutionäre ermittelt: der Metallschleifer Franz Czermak (~1864–?), der Drechslergehilfe Heinrich Höfermeier (~1862–?), der Bronzearbeiter Johann Rith (1859–?) und Josef Stieber.
Am 13. Februar 1888 fand vor dem Landes- als Erkenntnisgericht Wien das Verfahren gegen drei Sozialrevolutionäre wegen des Brandanschlages auf das Haus von Anton Protiwinsky statt. Angeklagt wurden Franz Czermak, Johann Rith und Josef Stieber. Die Anklage gegen den ebenfalls an dieser Brandlegung beteiligten Heinrich Höfermeier wurde fallengelassen, weil er bereits wegen der zweiten so genannten Brandleger-Affäre vom 3. Oktober 1886 im so genannten Anarchisten-Prozess, der vom 21. bis 28. März 1887 vor dem Landes- als Ausnahmsgericht Wien stattgefunden hatte, zur Höchststrafe von fünfzehn Jahren verurteilt worden war. Franz Czermak, der bereits wegen seiner Teilnahme an der so genannten Tyll-Affäre vom 3. August 1885 am 9. Mai 1887 vom Landes- als Ausnahmsgericht Wien zu vier Jahren Kerker verurteilt worden war, legte nun ein Geständnis im Sinne der Anklage ab und wurde zu weiteren fünf Jahren schwerem Kerker verurteilt. Josef Stieber, der im so genannten Anarchisten-Prozess, der vom 21. bis 28. März 1887 vor dem Landes- als Ausnahmsgericht Wien stattgefunden hatte, zu neun Jahren schwerem Kerker verurteilt worden war, wurde zwar aufgrund der Aussage von Franz Czermak als bei der Tat nicht anwesend entlastet, wurde aber trotzdem zu weiteren drei Jahren schwerem Kerker verurteilt. Außerdem wurden Franz Czermak und Josef Stieber nach Verbüßung der Strafen unter Polizeiaufsicht gestellt. Das Verfahren wegen Verbrechens der Brandlegung aus anarchistischen Motiven gegen Johann Rith, den beide anderen Angeklagten entlasten, wurde vertagt und an den Untersuchungsrichter zurückverwiesen. Am 16. März 1888 wurde das Alibi von Johann Rith als unwiderlegbar betrachtet, woraufhin der Staatsanwalt die Klage zurückzog und Johann Rith aus der Haft entlassen wurde.
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Autor: Reinhard Müller
Version: Dezember 2024
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