Franz Kutil (1842–)

Persönliche Daten
Namensvarianten
tschechische Namensform: František Kutil
Geburtsdatum
22. August 1842
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch, dann konfessionslos

Vater: Franz Kutil; tschechische Namensform: František Kutil, Sohn einer Hausfrau und eines Schneidermeisters: Häusler; Heirat mit:
Mutter: Anna Kutil, geborene Horák, Tochter einer Häuslerin und eines Häuslers: Häuslerin und Hausfrau

Biographie

Franz Kutil kam nach Wien, wo er als Maschinenschlosser und Eisendreher arbeitete und sich der radicalen Arbeiterbewegung anschloss. Er wurde Vorstandsmitglied des »Arbeiter-Sängerbunds« und war vom Mai 1882 bis zu deren Einstellung im Mai 1883 Mitglied des Herausgeberkomitees der Gewerkschaftszeitung »Social-politische Fachzeitung der Metallarbeiter Oesterreichs« (Wien) und außerdem deren verantwortlicher Redakteur. Am 8. Oktober 1882 wurde Kutil, damals Eisendreher bei der protokollierten Firma »M. Schimmelbusch, Civil-Ingenieur und Maschinenfabrik«, bei den Wahlen zum Gewerbegericht für die Maschinen- und Metallwarenindustrie als Kandidat der »Gewerkschaft der Eisen- und Metallarbeiter für Wien und Niederösterreich« für drei Jahre zum Mitglied gewählt. Am 14. April 1883 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Wien der Ehrenbeleidigungsprozess gegen den verantwortlichen Redakteur der Gewerkschaftszeitung »Social-politisches Fachblatt der Metallarbeiter Oesterreichs« (Wien) Franz Kutil statt. In der Nummer 1 (4. Jänner 1883) habe die Zeitung in einem Artikel der Rubrik »Eingesendet« das gute Verhältnis der Arbeiter zu ihrem Chef, dem Bronzewarenfabrikanten Andreas Stingl (1849–1909) in Wien 7., Kandlgasse 26, geschmäht, dessen Arbeiter als unzurechnungsfähig und ihren Chef als Markaussauger beschimpft. Franz Kutil, der wegen Diebstahls bereits mit acht Monaten schwerem Kerker vorbestraft war, wurde anlässlich der Aufnahme dieses – übrigens nicht von ihm verfassten – Artikels wegen Vergehens gegen die Sicherheit der Ehre zu zwei Monaten Arrest verurteilt, weiters zur Veröffentlichung des Urteils in der Zeitung »Social-politisches Fachblatt der Metallarbeiter Oesterreich« (Wien). Bereits am 28. Mai 1883 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Wien der nächste Prozess gegen Kutil wegen Ehrenbeleidigung statt. Er hatte als Redakteur der Gewerkschaftszeitung »Social-politische Fachzeitung der Metallarbeiter Oesterreichs« (Wien) zugelassen, dass der Schmiedgehilfe Franz Smejkal (1850–?) in der Nummer 2 (18. Jänner 1883) den Artikel »Eingesendet« veröffentlicht hatte, durch den sich zwei Mitglieder des »Arbeitervereins ›Union‹«, die Metallarbeiter bei der »priv. österreichisch-ungarischen Staatseisenbahn-Gesellschaft« Karl Jany (?–1892) und Johann Jellaschitz, beide Anhänger der Gemäßigten, beleidigt fühlten. Auf Antrag des Verteidigers von Franz Kutil wurde die Verhandlung wegen verspäteter Einbringung von Beweismitteln vertagt. In der darauffolgenden Verhandlung am 25. Juni 1883 wurden Franz Smejkal zu zwei Monaten und Franz Kutil zu einem Monat Arrest verurteilt werden. Schließlich wurde Franz Kutil aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 am 4. Februar 1884 aus Niederösterreich abgeschafft. Ironischerweise wurde Franz Kutil noch bei den Wahlen zum Gewerbegericht für die Maschinen- und Metallwarenindustrie in Wien am 12. März 1884 für drei Jahre zum Mitglied gewählt.

Franz Kutil begab sich zunächst nach Brünn (Mähren [Brno, Tschechien]), von dort im August 1884 nach Amstetten (Niederösterreich).

Schließlich übersiedelte Franz Kutil nach Budapest (Ungarn), von wo er aber bereits am 16. Juni 1885 wegen Staatsgefährlichkeit aus Ungarn ausgewiesen wurde: »2500 Kutil Franz, Maschinenschlosser, Eisendreher, im J. 1842 zu Blandau [!] in Mähren geb. u. zust., konfessionslos, von der k. k. Pol.-Dion. Wien am 4/2. 1884 weg. Eigenthumsgefährlichkeit aus ganz N.-Oest. für best. abgeschafft, wurde von der Ober-Stadthauptmannschaft Budapest am 16. Juni d. J. wegen staatsgefährlicher Umtriebe aus Ungarn ausgewiesen u. sofort nach Marchegg befördert. P.-D. Wien 20/7. 85.«1

Franz Kutil begab sich im Juli 1885 nach Linz an der Donau (Oberösterreich). Ende Oktober 1885 wurde hier von zum Anarchismus tendierenden Radicalen eine Aktionsgruppe gegründet. Initiator war der Schmiedgehilfe Franz Kropfmüller (1845–1893), dem sich auch Franz Kutil anschloss. Dieser geheime Club namens »Grün-Ober« (im Skat die dritthöchste Karte) traf sich im Gasthaus »zur Stadt Linz«, Hauptplatz 4. Dann wurde Kutil jedoch krank und verlor seinen Arbeitsplatz.

Im Februar 1886 war Franz Kutil auf Arbeitssuche in Graz (Steiermark) und Marburg an der Drau (Steiermark [Maribor, Slowenien]). Schließlich fand Franz Kutil noch 1886 in Steyr (Oberösterreich) Arbeit in der Waffenfabrik. Auch hier bemühte er sich wieder um den Aufbau einer geheimen Organisation und engagierte sich bei die Verbreitung der Zeitung »Die Arbeit« (Marburg / Graz). Im September 1888 verließ Franz Kutil Steyr.

Adressen

  • Blanda, Mähren [Bludov, Tschechien], Blanda 28 (Geburtsadresse)
Karte
  • 1

    [Anonym]: 2500 Kutil Franz, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 41 (24. Juli 1885), S. 165 [recte 161].