Joseph Schestag (1818–)
Persönliche Daten
Familienverhältnisse
Vater: Johann Schestag (Kleinpoidl, Mähren [Podolíčko, zu Mohelnice, Tschechien] 16. Oktober 1789 – ?), Sohn einer Hausfrau und eines Großgärtlers: bürgerlicher Schneidermeister; Heirat in Wien am 20. April 1815 mit:
Mutter: Anna Schestag, geborene Scherzer (Zirndorf, Bayern 28. September 1888 – Wien 3. März 1853), Tochter einer Hausfrau und eines bürgerlichen Fleischhauermeisters: Köchin, dann Hausfrau
Bruder: Johann Baptist Schestag (Wien 21. März 1816 – Wien 21. Mai 1818): verstorben am Wasserschlag
Bruder: Daniel Schestag (Wien 9. Februar 1817 – Wien 10. Mai 1818): verstorben am Gedärmbrand
Bruder: Carl Schestag (Wien 5. April 1819 – Wien 9. Jänner 1893): Schneidergehilfe, zuletzt Blumenfabrikant
Schwester: Theresia Schestag (Wien 16. August 1820 – ?)
Schwester: Katharina Schestag (um 1825 – Leopoldstadt, Niederösterreich [zu Wien 2.] 7. Jänner 1828): verstorben an der hitzigen Gehirnhöhlenwassersucht
Bruder: Eduard Philipp Schestag (Leopoldstadt, Niederösterreich [zu Wien 2.] 7. Februar 1828 – Wien 7. September 1860)
Bruder: Franz Philipp Schestag (Leopoldstadt, Niederösterreich [zu Wien 2.] 14. April 1829 – ?)
Schwester: Marie Schestag (Leopoldstadt, Niederösterreich [zu Wien 2.] 26. Oktober 1830 – ?)
Schwester: Theresia Carolina Schestag (Leopoldstadt, Niederösterreich [zu Wien 2.] 6. Februar 1832 – ?)
Biographie
Joseph Schestag arbeitete nach Abschluss seiner Lehre als Lackierergeselle in Wien. Als der Frauenschneidergeselle Wilhelm Weitling (1808–1871) im Jänner 1836 aus Paris (Frankreich) zum zweiten Mal nach Wien kam, wohnte er in der Alservorstadt 315 (Niederösterreich [zu Wien 9.]) in einem Untermietzimmer mit Joseph Schestag, mit dessen Bruder Carl Schestag (1819–1893) sowie mit einem weiteren Gesellen zusammen. In dieser Zeit dürften sich die Brüder Schestag mit Weitling befreundet haben und für den von Weitling propagierten »Bund der Gerechten« gewonnen worden sein.
Als Wilhelm Weitling im Juli 1837 Wien wieder Richtung Paris verließ, folgten ihm Joseph und Carl Schestag nach Paris, wo beide noch 1837 dem »Bund der Gerechten»« beitraten. Es war dies eine streng hierarchisch gegliederte Geheimorganisation deutscher Emigranten und gleichsam eine Keimzelle späterer sozialistischer und kommunistischer Parteien in Europa. Als Ziel erstrebte der Bund die Befreiung und Erneuerung der deutschen Länder, die Begründung und Erhaltung der sozialen und politischen Freiheit, Gleichheit und Einheit, dies alles verbunden mit dem religiösen Element der Bruder- und Schwesterliebe.
Anfang 1844 kehrten die Brüder Joseph und Carl Schestag nach Wien zurück, wurden aber bald darauf verhaftet. In den deutschen Ländern festgenommene Mitglieder des »Bundes der Gerechten« hatten nämlich als Mitglieder aus Österreich einen Wiener Lackierergesellen und einen Wiener Schneidergesellen denunziert. Für die Polizei in Wien war es danach ein leichtes, die beiden Brüder Schestag zu eruieren. Die geständigen Brüder Joseph und Carl Schestag wurden des Verbrechens des Hochverrats angeklagt und zum Tod verurteilt. Nach der Begnadigung durch den Kaiser verurteilte der Oberste Justizhof am 19. Juni 1844 Joseph Schestag zu einem Jahr und Carl Schestag zu acht Monaten Kerker.
Joseph Schestag verbüßte – wie sein Bruder – die Strafe auf der Gefängnisfestung Spielberg (Böhmen [Špilberk, zu Prag ‹Praha›, Tschechien]). Nach seiner Entlassung kehrte Joseph Schestag nach Wien zurück, wo er wieder als Lackierergeselle arbeitete und politisch nicht weiter auffällig wurde.
Joseph und Carl Schestag waren zweifellos keine Anarchisten. Sie gehören aber zu den ersten namentlich bekannten Opfern staatlicher Verfolgung einer sich organisierenden Arbeiterbewegung in Österreich.
Adressen
- Wien 1., Alter Fleischmarkt 741 [Fleischmarkt 6] (Geburtsadresse)
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Autor: Reinhard Müller
Version: Oktober 2023
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