Josef Steiner (1839–)

Persönliche Daten
Geburtsdatum
1839
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch
Berufe
Biographie

Der Drechslermeister Josef Steiner kam nach Wien, wo er sich früh der radicalen Arbeiterbewegung anschloss. Am 25. September 1880 trafen in Wien aus London (England) zwei Sendungen Bambusrohre ein. Wie bei Sendungen aus dem Ausland üblich, wurden die Sendungen der Zollexpositur im Hauptpostamt Wien übergeben. Die eine Sendung war an Josef Steiner in Hernals (Niederösterreich [zu Wien 17.]) adressiert. Steiner besprach sich daraufhin mit dem Schuhmachermeister Josef Marschall, begab sich dann in das Redaktions- und Administrationslokal der Zeitung »Die Zukunft« (Wien) und holte danach die Bambusrohrsendung unbeanstandet vom Hauptpostamt ab. Gemäß den polizeilichen Erhebungen soll er danach die Druckwerke an eine nicht eruierte Person zur Verteilung weitergegeben haben. Die andere Sendung von Bambusrohren blieb noch einige Tage im Magazin des Hauptpostamtes liegen. Zufällig entdeckte ein Finanzaufseher, dass eines der dort lagernden Bambusrohre geplatzt war. Bei näherer Untersuchung stellte er fest, dass dieses Flugschriften enthielt. Nach Verständigung der Polizeibehörde wurden zwei Detektive zur Zollexpositur entsandt, um den Adressaten der anderen Sendung, den Tischlermeister Wenzel Netušil (1844–1914), bei der Abholung dieser Sendung festzunehmen. Mit diesem von der Polizei entdeckten Schmuggel von 246 Exemplaren der Zeitung »Freiheit« (London) sowie der in London gedruckten Flugschriften »An die ›unteren‹ Postbeamten! Leidensgenossen!«1 und »An das deutsche Proletariat«2 begann die zweite Verhaftungswelle gegen Radicale in Wien und den Vororten im Rahmen der so genannten Bambus-Affäre (auch Bambusrohr-Affäre). Und der erhebende Polizeikommissär Bernhard Frankl (1846–1907) machte sich damit nicht nur einen Namen, er wurde aber auch zum Paradefeindbild der radicalen Arbeiterbewegung. Am 2. Oktober 1880 wurde Josef Steiner verhaftet, in das Landesgericht Wien eingeliefert und erst am 6. Dezember 1880 aus der Untersuchungshaft entlassen. Vom 10. bis 12. Februar 1881 (eigentlich bis zum Morgen des 13. Februar 1881) fand vor dem Landes- als Schwurgericht Wien der große Wiener Radicalen-Prozess statt. Angeklagt waren vierzehn Radicale, die zwischen August und Dezember 1880 verhaftet worden waren, darunter auch die Festgenommenen in der so genannten Bambus-Affäre. Josef Steiner wurde wegen teils vollbrachten, teils versuchten Verbrechens des Hochverrats, begangen durch den Schmuggel von 246 Exemplaren der Zeitung »Freiheit« (London) in Bambusrohren sowie der Flugschriften »An die unteren Postbeamten« und »An das deutsche Volk« angeklagt. Josef Steiner wurde freigesprochen, dürfte sich aber bald danach aus der radicalen Arbeiterbewegung zurückgezogen haben.

Noch einmal erregte Josef Steiner Aufmerksamkeit, als er sich am 12. August 1912 bei einem Sturz in Wien einen Bruch des linken Hüftgelenks zuzog.

Adressen

  • Wien 16., Koppstraße 2 (1912)
Karte
  • 1

    Vgl. [anonym]: An die »unteren« Postbeamten! Leidensgenossen! London: Druck der socialdemocratischen Genossenschafts-Buchdruckerei »Freiheit« [1880], Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 22. Oktober 1880 in Österreich verboten.

  • 2

    Vgl. [anonym]: An das deutsche Proletariat. [London]: [Druck der socialdemocratischen Genossenschafts-Buchdruckerei »Freiheit«] [1880], Sonderdruck aus der Zeitung »Freiheit« (London) vom 1. Mai 1880. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 22. Oktober 1880 in Österreich verboten.