Josef Schallinger (1857–1883)

Der Buchbindergehilfe Josef Schallinger, Anhänger der radicalen Arbeiterbewegung, war nur in Böhmen [Tschechien] und Mähren [Tschechien] aktiv. Zunächst war er in Prag (Böhmen [Praha, Tschechien]) tätig.

Polizeilich auffällig wurde Josef Schallinger am 18. Dezember 1881. An diesem Tag traffen sich in Prag im Gasthaus »zu den drei Wilden«, Kettengasse Nr. 1010-1 [Řetězová], des Radicalen Adalbert Jarušek (1829–1889) Mitglieder des Vereins »Dělnická jednota« (Arbeitereinheit) zu einer Generalversammlung, um die freiwillige Auflösung des Vereins zu beschließen. Danach begab sich der Großteil der Teilnehmer in die vorderen Räumlichkeiten des Lokals. Es wurden revolutionäre Lieder in deutscher und tschechischer Sprache gesungen. Nach jedem Lied wurde ein Toast ausgebracht, etwa »Es lebe die Revolution!«, »Es lebe die Demokratie!«, »Pereat der Tyrannei!«, »Es leben unsere verhafteten Genossen, bis sie herauskommen! Dann geht es mit Dampf!«. Josef Schallinger forderte lautstark: »Heute müssen alle Spitzel hinausgeworfen werden!« Der im Lokal anwesende Schlossergehilfe Franz Paleček meldete dies noch am späten Abend der Polizei-Direktion Prag. In der Nacht vom 18. auf den 19. Dezember 1881 wurden daraufhin im Gasthaus »zu den drei Wilden« achtzehn Radicale verhaftet, darunter auch Schallinger. Vom 11. bis 17. April 1882 fand vor dem Landes- als Strafgericht Prag vor einem Vierrichterkollegium in geheimer Verhandlung der große Radicalen-Prozess gegen dreiundzwanzig im Vorjahr verhaftete Radicalen statt, angeklagt des Vergehens gegen die öffentliche Ordnung und Ruhe. Josef Schallinger wurde zu vierzehn Tagen Arrest und anschließender Abschaffung aus Prag verurteilt. Zugleich wurde er unter polizeiliche Überwachung gestellt: »2024 Schallinger Josef, Buchbindergeh., 25 J. alt, I., nach Patzov, Bez. Karolinenthal, weg. sozialdemokratischer Umtriebe bei dem Land.-Ger. in Prag gestraft, wurde aus dem h. o. Polizei-Rayon für beständig abgeschafft, demnach zu überwachen. Pol.-Dion. Prag 28/5. 82.«1

Josef Schallinger begab sich nun nach Brünn (Mähren [Brno, Tschechien]). Hier wurde er am 15. November 1882 verhaftet und am 26. Jänner 1883 vom Landes- als Strafgericht Brünn in geheimer Verhandlung wegen Verbrechens der gefährlichen Drohung und Vergehens gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung, begangen durch die Versendung von Drohbriefen, zu eineinhalb Jahren schwerem Kerker verurteilt. Er starb am 5. März 1883 im Gefängnis des Landesgerichts Brünn (Mähren [Brno, Tschechien]) an den Folgen der ihm im Gefängnis zugefügten Misshandlungen. Sein Körper war mit Wunden übersät, sein Gesicht derart entstellt, sodass der Leichnam den Verwandten nicht ausgehändigt wurde. Dieses Verbrechen stärkte nicht nur die tschechoslawische radicale Arbeiterbewegung in Böhmen und Mähren, sondern führte auch unter den Radicalen in Österreich zu heftigen Empörungen.