Franz Namer
Persönliche Daten
Biographie
Franz Namer besuchte die Bürgerschule in Voitsberg (Steiermark) und absolvierte hier eine Schlosserlehre. Bereits als Schlossergehilfe begann er, sich für sozialistische Ideen zu begeistern.
1881 kam Franz Namer als Zögling in die Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalt in Graz (Steiermark). Hier initiierte er unter Mitwirkung der Lehramtszöglinge Emil Cerlé und Johann Herlitschka einen geheimen »Verein der Unzufriedenen«, »welcher folgende Zwecke sich zur Aufgabe stellte: Herabminderung der Steuern. Herabminderung der Dienstpflicht, Besoldung der Advocaten, Modificirung der Gewerbefreiheit, Abschaffung der hohen Pensionen, Verminderung der Gehalte der höheren Staatsbeamten etc. etc. Zu diesem Zwecke hat Lahmer mehrere andere Zöglinge der Lehrer-Bildungsanstalt in Graz angeworben, Statuten entworfen, worin die Zerstörung des Zeughauses in Graz und die Bezwingung der Stadt vom Schloßberge aus als Vereinszweck festgestellt war. Bis zur Möglichkeit der Erreichung dieses Zweckes sollten Waffen angeschafft und in einer großen Grube verborgen gehalten werden.«1Eine Grube wurde zwar gegraben, Waffen wurden aber keine beschafft. Die Behörden, von der Angst vor der radicalen Arbeiterbewegung geprägt, sahen in dieser Aktion Jugendlicher bereits eine hochverräterische Aktion.
Am 18. September 1882 wurden acht Zöglinge der Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalt unter dem Verdacht der Geheimbündelei festgenommen, sechs von ihnen in das Landesgericht Graz eingeliefert, von denen wiederum fünf am 29. September 1882 aus der Untersuchungshaft entlassen wurden. Lediglich der als Rädelsführer verdächtigte Franz Namer blieb in Haft. Er wurde allerdings im Dezember 1882 von Gerichtsärzten auf seinen Geisteszustand untersucht, worauf die Staatsanwaltschaft wegen mangelnder Zurechnungsfähigkeit Namers von der Verfolgung seiner Person zurücktrat.
Gegen sechs nadere Mitglieder des »Vereins der Unzufriedenen«, die Lehramtszöglinge Emil Cerlé, Paul Herberth, Johann Herlitschka, später Lehrer in Fürstenfeld (Steiermark), und Benjamin Vogl (1866–1920), später Lehrer in Prätis [zu Pöllau] (Steiermark), sowie die Schriftsetzerlehrlinge Julius Ertl (1864–1919) und Josef Kovalsky (1861–1936) wurde am 30. März 1883 vor dem Landesgericht Graz in geheimer Verhandlung Anklage wegen Geheimbündelei erhoben. Cerlé wurde wegen Mitschuls am Vergehen gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung zu sieben Tagen und Herlitschka, seit 1888 Volksschullehrer in Fürstenfeld (Steiermark), zu drei Tagen Arrest verurteilt, deren Nichtigkeitsbeschwerde vom obersten Gerichts- und Kassationshof in Wien am 12. Oktober 1883 verworfen. Die anderen Angeklagten wurden freigesprochen.
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Autor: Reinhard Müller
Version: September 2024
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Zitiert nach [anonym]: (Ein Irrsinniger als Stifter eines Gheimbundes.), in: Grazer Volksblatt (Graz), 16. Jg., Nr. 236 (16. Oktober 1882), S. [2].