Mathias Bergwein (1847–)
Persönliche Daten
Familienverhältnisse
Ehe: mindestens seit 1887
Biographie
Mathias Bergwein absolvierte eine Schuhmacherlehre und arbeitete seit 1882 als Schuhmachergehilfe in Wien, wo er sich der radicalen Arbeiterbewegung anschloss. Danach begab er sich nach in Bruck an der Mur (Steiermark), wo er am 10. September 1885 verhaftet wurde, weil er gemeinsam mit dem am 16. September 1885 ebenfalls in Bruck an der Mur verhafteten Friseurgesellen Franz Corwin (~1865–?) Anhänger der Gemäßigten des »Arbeiter-Bildungsvereins ›Vorwärts‹« überfallen, misshandelt und durch Drohungen zur Teilnahme an hochverräterischen Aktionen aufgefordert haben soll. Anlass war eine vom Schneidergehilfen Josef Großl (1864–?) geleitete Versammlung, wegen der Großl am 14. September 1885 verhaftet und im Prozess, der erst später, am 24. und 25. November 1885, vor dem Kreis- als Schwurgericht Leoben (Steiermark) stattfand, wegen Verbrechens des Hochverrats, der Störung der öffentlichen Ruhe und der gefährlichen Drohung zu fünf Jahren schwerem Kerker verurteilt wurde.
Am 15. November 1885 fand vor dem Kreisgericht Leoben der Prozess gegen Mathias Bergwein und Franz Corwin wegen Verbrechens der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung statt. Wegen Verbrechens der gefährlichen Drohung wurden Mathias Bergwein zu drei und Franz Korwin zu zwei Monaten schwerem, verschärften Kerker verurteilt. Nach Verbüßung der Haftstrafe wurde Mathias Bergwein am 10. März 1886 aus dem Kronland Steiermark für beständig abgeschafft: »849 Bergwein Mathias, Schuhmachergeh., nach Harmannsdorf, Bez. Horn zust., wurde nach am 10. v. M. beim Kreis-Ger. Leoben weg. Verbr. der gefährlichen Drohung verb. 3monatl. Kerkerstrafe mit Rücksicht auf dessen anarchistische Gesinnungen mit h. ä. Erlasse vom 7. d. M., Z. 3262, aus dem Kronlande Steiermark für immer abgeschafft, von welcher h. ä. nunmehr im Rekurswege bestätigten Entscheidung er bisher weg. unbekannten Aufenthaltes nicht verständigt werden konnte. Er ist sohin als weg. seiner anarchistischen Gesinnungen höchst gefährlich auszuforschen u. sein Aufenthalt anh. bek. zu geben. Bez.-Hptschaft. Bruck a. d. Mur 28/2. 86.«1
Noch bevor ihm der Abschaffungsbefehl zugestellt werden konnte, tauchte Mathias Bergwein unter. Deshalb wure er auch von der Polizei-Direktion Wien gesucht, von wo er aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 noch im März 1886 ausgewiesen und unter polizeiliche Überwachung gestellt wurde: »1045 Bergwein Mathias, Bl. Nr. 13, Art. 839 v. J. 1886, falsch Weinberger, Schuhmachergeh., zu Harmannsdorf, Bez. Horn in N.-Oest. im J. 1847 geb. u. dahin zust., 162cm gr., stark, mit ovalem, blassem Ges., bld., schütteren, nach rückwärts aufstehenden H., dunkelbld. Augenbr., grauen Aug., längl. Nase, bld. Bart, rundem Kinn, ihm fehlen die Stockzähne, auf der Innenseite des linken Armes 1 Stiflette, 1 Stiefel, 1 Herz, 1 Beißzange u. ›B. M.‹ roth eintätowirt, deutsch sprechend, wurde mit h. ä. Erkenntnisse vom 15. März 1886, Z. 1271 Pr., auf Grund der Verordnung des h. Gesammtministeriums vom 30. Jänner 1884 in Gemäßheit des §. 3 lit. c des Ges. vom 5. Mai 1869, R.-G.-Bl. Nr. 66, wegen Gefährlichkeit für die öffentl. Ordnung aus dem Geltungsgebiete der obcitirten Ministerial-Verordnung ausgewiesen. P.-D. Wien 29/3. 86.«2
Tatsächlich hatte sich Mathias Bergwein nach Steyr (Oberösterreich) begeben, wo er als Schugmachergehilfe arbeitete. Im April 1887 reiste er nach Gmunden (Oberösterreich), von wo er aber noch im Mai 1887 verschwand. Grund fürs neuerliche Untertauchen war wohl der Umstand, dass Bergwein seit 10. März 1887 von der Bezirkshauptmannschaft Horn (Oberösterreich) als Stellungspflichtiger für den Landsturm gesucht wurde. Um ihm den noch immer nicht zugestellten Abschaffungsbefehlt aus der Steriermark zukommen zu lassen, wurde er außerdem seit 6. Mai 1887 auch von der Oberösterreichischen Statthalterei zur Ausforschung ausgeschrieben: »1599 Verständigung. Bergwein Mathias, falsch Weinberger, Schuhmachergeh., 1847 geb., I., nach Harmansdorf, Bez. Horn in N.-Oeft. zust., anarchistischer Umtriebe verd. – Bl. Nr. 13, Art. 839 u. Bl. Nr. 16, Art. 1045 v. J. 1886 – zul. in Steyr in Arbeit, ist von dort am 18. od. 19. v. M. abgereist u. hat mittelst Korrespondenzkarte mit dem Poststempel ›Gmunden 5. d. M.‹ an die Stadtgemeindevorstehung Steyr das Ersuchen gestellt, ihm sein vom Magistrate Wien, ddo. 26. April 1882 ausgestelltes u. von der Bez.-Hptschaft. Horn verlängertes Arbeitsbuch nach Salzburg zu schicken, welches er sich bei der Stadtgemeinde abholen werde. Diesem Ansuchen wurde von der Stadtgemeinde Steyr entsprochen. Da derselbe mit Rücksicht auf dessen anarchistische Gesinnungen von der Bez-Hauptmannschaft Bruck a. d. Mur vom 7. Februar 1886 aus Steiermark für immer abgeschafft wurde, von welcher Entscheidung er bisher noch nicht verständigt werden konnte, ist sein Aufenthalt dieser Bez.-Hptschaft. bek. zu geben. Statthalterei Linz 6/5. 87.«3
Mathias Bergwein begab sich über Salzburg (Salzburg) nach Bayern, wo er wieder als Schuhmachergehilfe Arbeit fand. Doch auch hier wurde er im Oktober 1896, mittlerweile verwitwert, von der bayerischen Polizei zur Ausforschung seines Aufenthalts ausgeschrieben.4
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Autor: Reinhard Müller
Version: April 2025
Anarchistische Bibliothek | Archiv | Institut für Anarchismusforschung | Wien
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[Anonym]: 849 Bergwein Mathias, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 13 (12. März 1886), S. 51.
- 2
[Anonym]: 849 Bergwein Mathias, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 16 (31. März 1886), S. 63.
- 3
[Anonym]: 599 Verständigung. Bergwein Mathias, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 25 (21. Mai 1887), S. 99.
- 4
Vgl. [anonym]: 10079 Bergwein Mathias, in: Bayer. Central-Polizei-Blatt (München), Nr. 80 (10. Oktober 1896), S. 344.