Georg Hanisch (1875–1946)
Persönliche Daten
Familienverhältnisse
Vater: Franz Hanisch (Ratischowitz, Mähren [Ratišovice, zu Běhařovice, Tschechien] 23. Oktober 1845 – ?), Sohn einer Hausfrau und eines Schaffers: Drechslergehilfe; Heirat in Wien am 16. Februar 1874 mit:
Mutter: Barbara Hanisch, geborene Haschek (Jaispitz, Mähren [Jevišovice, Tschechien] 6. November 1847 – ?), Tochter einer Hausfrau und eine Häuslers: Köchin, Hausfrau
Ehe: in Wien um 1898 mit Hermine Krieger (? – Wien 23. November 1945): Lehrerin, Bürgerschuldirektorin
Biographie
Georg Hanisch absolvierte die Lehrerbildungsanstalt in Wien und war seit 1894 als Lehrer in Wien tätig, zunächst als provisorischer Unterlehrer an einer Allgemeinen Volksschule. 1896 wurde er Ausschussmitglied des »Zentralverbands der Wiener Lehrerschaft«. Hanisch wurde im Oktober 1900 Bezirksaushilfsunterlehrer, im Februar 1901 Unterlehrer für Volksschulen und 1905 Volksschullehrer, im Jänner 1914 Bezirksaushilfslehrer an Bürgerschulen. Außerdem war er seit 1917 Lehrer für gewerblich-kaufmännischen Unterricht an der Gremial-Fachschule der Buchdrucker und Schriftgießer.
Schon seit etwa 1910 volkswirtschaftlich interessiert, entwickelte Georg Hanisch 1919 seine Idee des freiheitlichen Sozialismus. Am 22. Juli 1919 fand in Wien die konstituierende Versammlung des »Freiheitlich-sozialistischen Volksvereins in Wien« statt, der sich die Verwirklichung der Freiland-Ideen von Theodor Hertzka (1845–1924) zum Ziel setzte. Obmann wurde Karl Janotta (1880–1966), Schriftführer Hanisch als Proponent des Vereins. In dem anlässlich der Vereinsgründung veröffentlichten Flugblatt schrieb Georg Hanusch: »Die Zeit, in der die privatkapitalistische Ordnung in die von Hertzka gezeichnete sozialkapitalistische umgewandelt werden muß, ist gekommen. Alle materiellen und psychischen Voraussetzungen dieser Umwandlung sind gegeben. Sie muß durchgeführt werden, wenn die Volkswirtschaft nicht dem Untergang verfallen soll. Nur sie allein vermag die Gütererzeugung wieder in Gang zu bringen und eröffnet uns gleichzeitig einen Ausblick auf eine Zukunft von berauschender Schönheit. […] Im allgemeinen Interesse liegt ein glatter und schmerzloser Übergang zur neuen Ordnung unter Vermeidung von politischen und wirtschaftlichen Erschütterungen. Ein solcher Übergang ist aber nur bei friedlicher Ablösung der privaten Produktionsmittel unter gewissenhaftester Beachtung aller erworbenen Rechte denkbar und möglich. Alle Gewaltmaßnahmen und Rechtsverletzungen zerrütten die Volkswirtschaft und rufen Widerstände hervor, die eine rasche und gründliche Umgestaltung hindern.«1 In seiner Funktion als Obmann des »Freiheitlich-sozialistischen Volksvereins in Wien« nahm Hanisch an der vom Föderativen Aktionskomitees des »Bundes herrschaftsloser Sozialisten«, Ortsgruppe Wien, einberufenen Ersten Siedlungskonferenz teil, welche am 14. September 1919 im Café »Stallburg« (Emil Mauer) in Wien 1., Habsburgergasse 9, stattfand. Am 14. Oktober 1919 wurde die »Landwirtschaftliche Siedlungs- und Arbeitsgenossenschaft ›Neues Leben‹, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung« gemäß ihrem Statut vom 2. September 1919 in das Wiener Handelsregister eingetragen wurden. Zweck der Genossenschaft war der »Betrieb der Land- und Forstwirtschaft und ihrer Nebengewerbe auf dazu geeigneten Grundstücken jeder Art und Größe, die sie entweder als Eigentum oder pachtweise oder auf sonstige Art in ihr Verfügungsrecht bringen wird.«1 Obmann war der Gutsbesitzer und Güterinspektor Leopold Reinagl (1859–1933), und Hanisch gehörte auch diesem Ausschuss an. Keine Woche später, am 20. Oktober 1919, fand im Gasthaus »zum Feldmarschall Laudon« (Thomas Dwořak) in Wien 17., Hernalser Gürtel 11, die dritte Siedlungstagung des »Bundes herrschaftsloser Sozialisten« statt. Auf dieser wurde die Gründung des »Bundes österreichischer Siedlungsvereinigungen« beschlossen. Da die beschlossenen Regelungen teilweise ungeeignet waren, wurde Hanisch als Mitglied des Arbeitsausschusses mit der Ausarbeitung neuer Satzungen beauftragt. Erst am 28. Jänner 1920 fand im Café »Universal« (Gustav Pokorny) in Wien 7., Burggasse 30, die erste Vollversammlung und zugleich konstituierende Versammlung der mit 9. Jänner 1920 ins Handelsregister eingetragenen »Siedlungs- und Produktionsgenossenschaft ›Neue Gesellschaft‹, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung« statt. Als einer der Proponenten wurde Hanisch in den Vorstand dieser Genossenschaft gewählt, die ihre Kanzlei in Wien 1., Himmelpfortgasse 9/I, hatte. In der Vertreterversammlung des »Bundes österreichischer Siedlungsvereinigungen«, welche am 22. April 1920 stattfand, wurde auf Vorschlag von Karl Janotta die Auflösung des »Bundes österreichischer Siedlungsvereinigungen« einstimmig beschlossen, weil dieser durch die Gründung der »Siedlungs- und Produktionsgenossenschaft ›Neue Gesellschaft‹« nunmehr überflüssig sei. Hanisch gehörte dem Vorstand der »Siedlungs- und Produktionsgenossenschaft ›Neue Gesellschaft‹« bis zu deren Liquidierung 1925 an. Daneben war Hanisch nun vor allem im »Kulturpolitischen Diskussionsklub« aktiv, auf dessen ersten Veranstaltung, die am 10. März 1920 im Café »Gartenbau« (Olga Rosenblatt), Wien 1., Parkring 10, er über »Freie Sozialisierung« referierte.
Georg Hanisch, 1923 bis 1931 auch interimistischer Leiter der Fortbildungsschule für Taschner-Lehrlinge und seit 1925 Bürgerschuldirektor, trat im August 1927 in den Ruhestand, wobei ihm zugleich der Titel eines Schulrats verliehen wurde. Er übersiedelte nun nach Mauer bei Wien (Niederösterreich [zu Wien 23.]). Hanisch, der nun die Idee der Freiland-Bewegung mit jener des Freigelds kombinierte, publizierte 1931 und 1932 in der Schriftenreihe »Wissenschaftliche Schriftenreihe der FZ. Freiwirtschaftlichen Zeitung« (Erfurt) des Organs für die Verwirklichung von FFF (Freiwirtschaft – Freiland – Freigeld) »F. Z. Freiwirtschaftliche Zeitung« (Halle an der Saale). Und seit 1936 referierte er auch bei dem 1929 wiederbelebten »Österreichischen Freiwirtschaftsverband (Bund für krisenlose Volkswirtschaft)« und bei der 1937 gegründeten Vereinigung »Freiwirtschaftsverband, Ortsgruppe Wien«.
Adressen
Wien 4., Klagbaumgasse 2 (Geburtsadresse)
Wien 8., Lerchenfelder Straße 124–126 (1904–1927)
Wien 25., Kasernengasse 26 (1941)
Publikationen
Bücher und Broschüren
Probleme der Volkswirtschaft. Von Georg Hanisch. Berlin: Puttkammer & Mühlbrecht, Buchhandlung für Staats- und Rechtswissenschaft 1911 (= Gygax-Sammelband. 133.), 171 S.
Die klassischen Werttheorien. Von Georg Hanisch, Verfasser des Buches »Probleme der Volkswirtschaft«. Berlin: Verlag von Puttkammer & Mühlbrecht, Buchhandlung für Staats- und Rechtswissenschaft 1913, 44 S.
Die Marxsche Mehrwerttheorie. Von Georg Hanisch. Berlin: Verlag von Puttkammer & Mühlbrecht, Buchhandlung für Staats- und Rechtswissenschaft 1915, 54 S. Betrifft Karl Marx (1818–1883).
Freiheitlicher Sozialismus. Vorschlag einer schnellen und gründlichen sozialen Umgestaltung auf friedlichem Wege. Von Georg Hanisch. Wien: Verlag Rudolf Mück 1919, 16 S.
Weder Privatkapitalismus noch Kommunismus. Programm des »Freiheitlich-sozialistischen Volksvereines«. Verfaßt von Georg Hanisch. Wien: Verlag Wilhelm Müller 1919, 20 S.
Die sozialistische (kommunistische) Utopie. [Von] Georg Hanisch. Mit einem Anhang: Warum erhält man nicht den vollen Ertrag seiner Arbeit? Von E. Altmann und R. Batz. Hochheim bei Erfurt: Stirn-Verlag [1929], 32 S. Autoren des Anhangs aus »Letzte Politik« (Leipzig), 7. Jg., Nr. 5 (1928), sind Emil Altmann und Richard Batz (1894–1965).
Morsche Stützen des Marxismus. Die Entwicklung der Arbeitswerttheorie. [Von] Georg Hanisch. Erfurt: Verlag der FZ. Freiwirtschaftlichen Zeitung 1931 (= Wissenschaftliche Schriftenreihe der FZ. Freiwirtschaftlichen Zeitung. 10.), 47 S.
Gespräche über den Kapitalbegriff. Ist die Freiwirtschaftslehre eine sozialistische Lehre? Die Lehre von den Produktionsfaktoren oder Güterquellen. [Von] Georg Hanisch. Erfurt: Verlag der FZ. Freiwirtschaftlichen Zeitung 1931 (= Wissenschaftliche Schriftenreihe der FZ. Freiwirtschaftlichen Zeitung. 14.), 47 S.
Theoretiker der Grundrente. [Von] Fox Reiner. Ist das Geld eine Ware? [Von] Georg Hanisch. Zwei »Vereinfachungs«-Genies. [Von] Rudolf Nölle. Valorisation. [Von] Rudolf Nölle. Mixtum compositum: Freiwirtschaft und Kalenderreform. [Von] Karl Siegel. Erfurt: Verlag der Freiwirtschaftlichen Zeitung 1931 (= Wissenschaftliche Schriftenreihe der FZ. Freiwirtschaftlichen Zeitung. 7.), 48 S. Koautoren: Rudolf Nölle (1891–1961), Fox Reiner (d. i. Ferdinand Rieck) und Karl Siegel (1884–nach 1949).
Die ergokratische Kritik der Freiwirtschaftslehre. Erwiderungen von Leopold Quitt, Georg Hanisch und R. Nölle. Erfurt: Verlag der Freiwirtschaftlichen Zeitung 1932 (= Wissenschaftliche Schriftenreihe der FZ. Freiwirtschaftlichen Zeitung. 24.), 48 S. Koautoren: Rudolf Nölle (1891–1961) und Leopold Quitt (?–1951).
Fritz Hänsel: Wie würde sich Marx zum Umlaufszwang des Geldes stellen? – Georg Hanisch: Eine Diskussion vor 40 Jahren über das Geld. – P. Regnault: Freiwirtschaft. – Heinz Kemenater: Das unästhetische Schwundgeld. – Gustav Gänserich: Demokratie und Sozialismus in der Freiwirtschaftslehre. Erfurt: Verlag der Freiwirtschaftlichen Zeitung 1932 (= Wissenschaftliche Schriftenreihe der FZ. Freiwirtschaftlichen Zeitung. 19.), 48 S. Koautoren: Gustav Gänserich, Fritz Hänsel, Heinz Kemenater und Paul Regnault. Betrifft Karl Marx (1818–1883).
K. Molfenter, Zivil Ing., Ulm a. D.: Goldwährungen und der Bankerott der Weltwirtschaft. – Georg Hanisch: Wert und Preis. Erfurt: Verlag der Freiwirtschaftlichen Zeitung 1932 (= Wissenschaftliche Schriftenreihe der FZ. Freiwirtschaftlichen Zeitung. 21.), 47 S. Koautor: Karl Molfenter.
Mutterliebe – Mutterlohn! Von Georg Hanisch. (Die Lösung der Frauenfrage durch die Freiwirtschaft. Vortrag, gehalten zum Muttertag 1936.) Dornbirn: Hugo Mayer Verlag 1936, 16 S.
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Autor: Reinhard Müller
Version: September 2024
Anarchistische Bibliothek | Archiv | Institut für Anarchismusforschung | Wien
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Zitiert nach Hans Seeberger (1864–1941): Neue Wege des genossenschaftlichen Sozialismus, in: Der freie Genossenschafter. Fachblatt für wirtschaftliche Selbsthilfe und Gemeinwirtschaft (Wien), 19. Jg., Nr. 10 (12. Mai 1921), S. 159–162, hier S. 159.
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[Anonym]: Firmenprotokollierungen, in: Amtsblatt zur Wiener Zeitung und Zentralanzeiger für Handel und Gewerbe (Wien), [216]. Jg., Nr. 248 (29. Oktober 1919), S. 856–858, hier S. 858.