August Scharff (1863–1889)

August Scharff kam nach Wien, wo er als Kammmachergehilfe bei seinem Vater arbeitete und sich dem sozialrevolutionären Flügel der radicalen Arbeiterbewegung anschloss.

Aufgrund einer Denunziation des wegen der so genannten Münzverfälschungs-Affäre inhaftierten Silberarbeiters Otto Steidl (~1851–?) war seit Herbst 1886 nach einer unbekannten Person gefahndet worden. Im Mai 1887 wurde der Gesuchte als der in Preußen [Polen] gebürtige August Scharff, auch bekannt unter den Decknamen »deutscher Bruder«, »Stüblin« und »Wilder«, identifiziert. August Scharff wurde nun von der Polizei in Augenschein genommen. Otto Steidl hatte aus freiem Willen August Scharff beschuldigt, dass er Bomben habe gießen lassen. Diese Kugeln habe er als Beschwer- und Aufzugskugeln für Hängelampen ausgegeben, doch tatsächlich wolle er sie mit Dynamit füllen, und er erwarte eine entsprechende Kiste aus Paris (Frankreich). Die Verwendung der Bomben bei Massenaufläufen als Einschüchterungs- und Kampfmittel sei nur unterblieben, weil sich die Ankunft des Dynamits verzögert habe und weil am 3. und 4. Oktober 1886 eine Gruppe von Sozialrevolutionären verhaftet worden war. Weder die Hausdurchsuchung bei August Scharffs Vater, dem Kammmachermeister Rudolf Scharff, in Währing (Niederösterreich [zu Wien 18.]), Währinger Hauptstraße 20 [Währinger Straße], noch die an August Scharff vorgenommene Leibesvisitation waren für die Polizei erfolgreich. Als jedoch in Erfahrung gebracht wurde, dass die Familie Scharff bis Herbst 1886 in Ottakring (Niederösterreich [zu Wien 16.]) gewohnt hatte, fand die Polizei dort am 7. Oktober 1887 im Kellerabteil des Hauses Ottakringer Hauptstraße 172 [Ottakringer Straße] unter Gerümpel einen Sack mit zweiundfünfzig gusseisernen Hohlkugeln. August Scharff, der behauptete, dass er sie 1885 zum Verwendungszweck für Lampen habe gießen lassen, wurde sofort verhaftet, zusammen mit vier weiteren Genossen.

Am 29. März 1888 fand vor dem Landes- als Ausnahmsgericht Wien der Prozess wegen Verbrechens gegen das Sprengstoffgesetz gegen August Scharff statt. Staatsanwalt und Gutachter meinten, dass die im Zuge seiner Verhaftung bei August Scharff gefundenen Kugeln mit Dynamit gefüllt werden könnten und somit »Dynamitbomben« seien, während Scharff bei seiner Verteidigung blieb, dass es sich bei diesen Kugeln um Schwer- und Aufzugskugeln für eine von ihm geplante Lampe handle. Scharff wurde auch von dem im Prozess als Zeuge auftretenden Denunzianten Otto Steidl als Bombenbauer schwer belastet, während ihn sein vater Rudolf Scharff entlastete. August Scharff wurde wegen Geheimbündelei zu vier Jahren schwerem Kerker mit anschließender Landesverweisung verurteilt.

August Scharff verstarb am 27. Juni 1889 im Gefängnis Stein [zu Krems an der Donau] (Niederösterreich) an Lungentuberkulose. Noch Jahre nach seinem Tod, am 23. Mai 1892, fühlte sich das Landesgericht Wien bemüßigt, August Scharff nach Preußen auszuweisen: »17 Scharff August, Kammmachergeh., aus Glatz in Preuß.-Schlesien, 36 J. alt, k., l., 170cm groß, mit ovalem Ges., br. H. u. Augenbr., bl. Aug., stumpfer Nase, rundem Kinn, deutsch sprechend, am 23. Mai 1892 vom Land.-Ger. Wien nach weg. Verbr. nach §. 6 des Gesezes vom 27. Mai 1885, R.-G.-Bl. Nr. 134.«1