Andreas Voglgruber (1832–)
Persönliche Daten
Familienverhältnisse
Vater: Johann Voglgruber (Zimmerleiten [zu St. Aegidi], Oberösterreich 10. Mai 1799 – ?), Sohn einer Bäuerin und eines Bauern: Bauer; Heirat in St. Aegidi (Oberösterreich) am 3. Jänner 1832 mit:
Mutter: Elisabeth Voglgruberin, geborene Jägerin (Mühlbach [zu St. Aegidi], Oberösterreich um 1805 – ?): Bäuerin
Ehe: in Wien am 3. Februar 1861 mit Barbara Köppel (Mariahilf, Niederösterreich [zu Wien 5.] 1. Oktober 1839 – Wien 3. November 1887), Tochter einer Hausfrau und eines Leichenvereins-Ansagers und späteren Leichenvereins-Kassiers: Hausfrau
Biographie
Andreas Voglgruber kam nach Wien, wo er sich schon früh der sozialistischen Arbeiterbewegung anschloss und Mitglied des Wiener »Arbeiter-Bildungsvereins« wurde. Am 14. August 1870 wurde eine Versammlung der Klavier- und Musikinstrumentenmacher in der »Schottenfelder Bierhalle« (Mathias Schoinz) in Wien 8., Schottenfeldgasse 78, behördlich aufgelöst, als Voglgruber auf die Politik zu sprechen kam. Voglgruber, damals bereits Geschäftsführer der Spielkarten-Fabrik von Johann Andreas Sageder in Wien 4., Margaretenstraße 21, wurde am 21. Oktober 1871 wegen der behördlich aufgelösten Versammlung vom Bezirksgericht Wien-Innere Stadt wegen Vergehens des Auflaufs zu drei Tagen Arrest verurteilt. Kurz darauf wurde er Mitglied der neu organisierten »Productiv-Association ›Polygraphia‹«. Und in der ebenfalls behördlich aufgelösten Versammlung in der »Schottenfelder Bierhalle« sprach er sich am 21. August 1871 heftig gegen die Zwangsgenossenschaften aus. Am 10. Juni 1872 endete der Ausflug einer großen Schar von Arbeitern auf den Gallitzinberg bei Dornbach (Niederösterreich [zu Wien 17.]) mit einer heftigen Auseinandersetzung mit der Exekutive. Deswegen fand vor dem Landesgericht Wien vom 23. bis 28. September 1872 der Prozess gegen achtundzwanzig Arbeiter statt, darunter Andreas Voglgruber, Mitglied des »Fachvereins der Buchbinder«. Er hatte damals seine Genossen zum Widerstand gegen die einschreitenden Behördenvertreter aufgefordert und sich bei seiner Verhaftung heftig zur Wehr gesetzt. Er wurde nun als einer der Rädelsführer des Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit und des Verbrechens der Aufreizung gegen gesetzlich anerkannte Körperschaften, begangen am 9. Juni 1872 mit seiner Rede gegen die Genossenschaften, angeklagt. Voglgruber wurde zu zweieinhalb Jahren schwerem Kerker, verschärft mit vierzehn Tagen Einzelhaft nach jedem Jahr, verurteilt. Nach seiner Berufung wurde das Urteil durch das Oberlandesgericht auf zwei Jahre schwerem Kerker abgeändert.
Andreas Voglgruber, der im Juni 1874 aus der Haft entlassen worden war, wurde im August 1879 in das Herausgeberkomitee der Zeitung »Die Freiheit« (Wien) gewählt, welche, um der Kautionspflicht zu entgehen, zusammen mit der Zeitung »Der Proletarier« (Wien) abwechselnd zweimal monatlich erscheinen sollte. Es handelte sich dabei um die ersten Zeitungen der sich formierenden radicalen Arbeiterbewegung. Im Prozess gegen die Herausgeber und Redakteure der beiden Zeitungen, der am 3. Jänner 1880 vor dem Landes- als Erkenntnisgericht Wien verhandelt wurde, wurde Voglgruber wegen Übertretung des Pressegesetzes zu 50 Gulden Geldstrafe, eventuell zehn Tage Arrest, und zu drei Tagen Arrest, verschärft durch einen Fasttag, verurteilt.
Im Zusammenhang mit der am 2. Oktober 1880 erfolgten behördlichen Auflösung des »Arbeiter-Bildungsvereins Neunkirchen« wurde Voglgruber am 13. Oktober 1880 aus Wien abgeschafft, doch wurde ihm im Februar 1881 die Rückkehr nach Wien erlaubt, gegen die Zusicherung, sich in Zukunft aller sozialistischen Aktivitäten zu enthalten. Aber schon auf der Versammlung in »Zobel’s Bierhalle« (Franz Zobel) in Fünfhaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]), Gasgasse 4–6 / Zwölfergasse 3–15, am 25. März 1882 zum Thema »Die Forderungen des vierten Standes vor dem österreichischen Parlamente« meinte Voglgruber: »Vom Parlamente haben die Arbeiter nichts erhalten, sie werden auch in Zukunft nichts erhalten. Die Arbeiter müssen daher trachten, ohne Parlament ihre Interessen zu wahren.«1
Aber schon bald danach zog sich Andreas Voglgruber von der radicalen Arbeiterbewegung zurück und schloss sich später der Sozialdemokratie an. Im Oktober 1883 wurde Voglgruber bei der Gehilfenwahl der Spielwarenerzeuger zum Obmann des Gehilfen-Ausschusses der Genossenschaft der Spielkartenerzeuger gewählt, wurde bei der am 22. September 1892 erfolgten Konstituierung des »Vereins gewerblicher Interessen« in den Ausschuss gewählt und gehörte 1893 als Vertreter der Kartenmaler dem Überwachungsausschuss der »Genossenschafts-Krankenkassen Wiens« an. Nach 1897 verliert sich die Spur von Andreas Voglgruber.
Adressen
- Zimmerleiten [zu St. Aegidi], Oberösterreich, Zimmerleiten 2 (Geburtsadresse)
- Wien 4., Wieden 479 (1861)
- Wien 5., Gartengasse 9 (1870 bis 1874)
- Wien 5., Gartengasse 15 (1879)
- Wien 5., Siebenbrunnengasse 3 (1880)
- Wien 5., Traubengasse 2 [Castelligasse] (1887)
- Wien 15., Märzstraße 3 (1892 bis 1893)
Mitarbeiter*innen an Periodika
- Die Freiheit (Wien) 1879
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Autor: Reinhard Müller
Version: Mai 2024
Anarchistische Bibliothek | Archiv | Institut für Anarchismusforschung | Wien
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Zitiert nach [anonym]: Die Forderungen des Arbeiterstandes. (Originalbericht der »Morgen-Post«.), in: Morgen-Post (Wien), 32. Jg., Nr. 85 (27. März 1882), S. [1–2], hier S. [2].