Adalbert Stich (1862–1930)

Persönliche Daten
Geburtsdatum
10. April 1862
Sterbedatum
30. August 1930
Sterbeort
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch
Berufe

Vater: Adam Stich, Sohn einer Bäuerin und eines Bauern (um 1828 – ?): Tischler; Heirat am 19. September 1858 mit:
Mutter: Anna Maria Stich, geborene Pichler, Tochter einer Hausfrau und eines Schneidermeisters (Feistritz am Wechsel, Niederösterreich 5. August 1825 – ?): Weißnäherin
Ehe: in Szombathely / Steinamanger [Szombathely] (Ungarn) am 31. März 1903 mit Karoline Brütting
Kinder: keine

Biographie

Adalbert Stich absolvierte eine Lehre als Tischler und schloss sich als Tischlergehilfe der radicalen Arbeiterbewegung in Wien an.

Am 30. Dezember 1883 kam es in der Pfarrkirche St. Johann Evangelist in Wien 10., Keplerplatz 6, zum so genannten Kirchenexzess in Favoriten. Hier hielt der Missionsprediger und Ordensprovinzial der Redemptoristen Pater Andreas Hammerle (1837–1930) seit dem 25. Dezember 1883 einen Zyklus von Vorträgen. An den Vorabenden sprach er über die christliche Armut, Mäßigkeit und die Vermeidung der Trunksucht. Arbeiter, die bereits bei den Predigten am 28. und 29. Dezember 1883 sehr zahlreich anwesend waren, warfen ihm vor, ihre Frauen aufzuhetzen und so den häuslichen Frieden zu stören. Am Abend des 30. Dezember 1883, es sollte der vorletzte Vortrag dieser Reihe sein, predigte Andreas Hammerle seit 19 Uhr zum Thema »Der Adel der Armut oder der Ruhm der Arbeit« vor rund dreitausend Personen, überwiegend Frauen und Kinder. Als der Prediger das Wort »Christ« erwähnte, fragte Adalbert Stich lautstark: »Wisst ihr, was ein Christ (G’rist) ist? Zwei Schrägen und ein Balken«.1 Eine Viertelstunde nach Beginn der Predigt fingen die Arbeiter an, sich lautstark zu räuspern, und als vom Haupteingang her einige grelle Pfiffe ertönten, warfen sie wie auf Verabredung hin ihre Hände in die Höhe und riefen: »Hurra!« Einige stürmten zur Kirchentür, andere zur Kanzel, allen voran der Schneidergehilfe Wenzel Kroulík (~1856–?), der brüllte: »Nieder mit ihm!« Andere riefen »Wir brauchen keine Jesuiten!«, und der Taglöhner Eduard Ocholsky (~1861–?) rief: »Missionäre – Jesuitenbrut!« Faule Eier und faustgroße Steine wurden gegen die Kanzel geworfen, Andreas Hammerle flüchtete in die Sakristei, und inmitten des Tumults schrie jemand »Feuer!«. Gläubige wie Arbeiter stürmten gegen das Haupttor, um ins Freie zu gelangen, wobei sie über einige am Boden liegende Ohnmächtige trampelten. Fünf Personen wurden dabei schwer und mehrere leicht verletzt. Die mittlerweile eingetroffene Feuerwehr schlug mit Äxten die Holztür eines Nebeneinganges ein, um ins Kircheninnere vorzudringen, wobei eine dort aufgestellte Weihnachtskrippe schwer beschädigt wurde. Die Polizei versuchte, die Lage in Griff zu kriegen, verhaftete noch in der Kirche Wenzel Kroulík, vor der Kirche Eduard Ocholsky, Adalbert Stich und den nur radebrechend Deutsch sprechenden Blechspanner und »ausgelernten Messner«, wie er später vor Gericht angeben wird, Mihály Holovaty (~1853–?), der vor der Kirche die Umstehenden aufgefordert haben soll, die Heiligenbilder von der Kirchenwand zu reißen. Lediglich Mihály Holovaty wird noch am selben Tag auf freien Fuß gesetzt. Die Behörden erachteten Wenzel Kroulík als Rädelsführer, nicht zuletzt weil bei ihm die Zeitung »Dělnické listy« (Vídeň [Wien]) und diverse sozialistische Druckwerke gefunden wurden.

Am 17. Jänner 1884 fand in Wien der Prozess anlässlich des so genannten Kirchenexzesses von Favoriten statt. Angeklagt waren wegen Verbrechens der Religionsstörung Wenzel Kroulík, Eduard Ocholsky und Adalbert Stich sowie wegen Vergehens der Aufforderung zu ungesetzlichen Handlungen Mihály Holovaty. Im Sinne der Anklage wurden Wenzel Kroulík zu viereinhalb Jahren, Eduard Ocholsky und Adalbert Stich zu je dreieinhalb Jahren schwerem Kerker verurteilt. Mihály Holovaty wurde zwar freigesprochen, aber wegen Auflaufs zu achtundvierzig Stunden Arrest verurteilt.

Adalbert Stich betrieb später als Tischlermeister eine Modelltischlerei in Linz an der Donau (Oberösterreich), zog dann nach Leoben (Steiermark), wo er im dortigen Kranlkenhaus an Gehirnschlagfluss verstarb.

  • Leoben, Steiermark, Krankenhaus, Vordernberger Straße 21 (Sterbeadresse)
Karte
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    Zitiert nach [anonym]: Aus dem Gerichtssaale. [/] (Ein Kirchenexceß in Favoriten.), in: Die Presse (Wien), 37. Jg., Nr. 18 (18. Jänner 1884), S. 11. – G’rist: Gerüst.