Josef Peukert: Der so genannte Kirchenexzess in der Pfarrkirche St. Johann Evangelist in Wien 10., Keplerplatz 6, am 30. Dezember 1883
Der so genannte Kirchenexzess in der Pfarrkirche St. Johann Evangelist in Wien 10., Keplerplatz 6, am 30. Dezember 18831
»Die Konflikte mit den herrschenden Gewalten mehrten sich, aber die Genossen waren allenthalben zielbewußter geworden, und deshalb wurden die Konflikte selbt [!] zur Triebkraft eifriger Tätigkeit. So ärgerte es die Genossen in Favoriten und dem 10. Bezirk ungemein, als ein Jesuit in der Favoritenkirche, der über die soziale Frage predigte, auf das gemeinste über die Sozialisten loszog und dabei tatsächlich eine Anzahl Weiber so verhetzte, daß verschiedene Genossen ihren häußlichen [!] Frieden ernstlich gestört sahen. Als sich der Pfaffe weigerte, in offener Versammlung zu diskutieren, machten sie seinem Treiben dadurch ein Ende, daß sie in die Kirche gingen, als er gerade eine von seinen Hetzpredigten hielt: sie stellten ihn zur Rede, bewarfen ihn mit faulen Eiern und gaben ihm schließlich noch eine Tracht Prügel, ohne daß der liebe Herrgott mit seinen Heerscharen zu des Pfaffen Schutze eingeschritten wäre, wohl aber die Polizei, welche dann auch einzelne Verhaftungen vornahm, auf die später ziemlich harte Verurteilungen folgten.«
Daten
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Josef Peukert (1855–1910): Erinnerungen eines Proletariers aus der revolutionären Arbeiterbewegung. Berlin: Verlag des Sozialistischen Bundes 1913, S. 179.